Stellungnahme zur behördlich geforderten Einzelgenehmigung für die Verbrennung von Pferden von Dr. med. vet. Klaus Göck (März 2021)

Einleitung

Die Möglichkeit Pferde zu verbrennen beruht auf der Einschätzung des Tierschutzgesetzes, wonach das Pferd als nicht-landwirtschaftliches Nutztier zu werten sei (Kommentar Hirt, Maissach, Moritz). In der VO EG 1069/2009 wird im Artikel 3 zwischen "Nutztieren" und "Heimtieren" unterschieden. Das führt in der Durchführungsverordnung VO EU 142/2011 zur eindeutigen Festlegung, dass entsprechend den Bestimmungen des Anhangs III, Kapitel III Buchstabe a und Punkt iii Anlagen zuzulassen sind, mittels derer tote, einzeln identifizierte Equiden, aus tierseuchenrechtlich nicht beschränkten Betrieben verbrannte werden dürfen - sofern der jeweilige Mitgliedstaat dies gestattet. Umgesetzt wird dies im nationalen TierNebG § 4 Abs. 2. Darin wird die Möglichkeit von Ausnahmen zur regulären Beseitigungspflicht für Heimtiere (1) und Equiden (2) festgelegt. Während die Heimtiere generell ausgenommen sind, wird für das Verbrennen von Equiden eine zusätzliche Einzelgenehmigung gefordert. Die Bedingungen dazu sind in den folgenden Asbschnitten einezeln erläutert.

1. Es handelt sich um ein einzelnes totes Tier

Diese Tatsache ist für das Verladen und Transportieren vom tierschutzrechtlichen Aspekt von geringer Bedeutung. Quälerische Handlungen sind nicht möglich. Gefordert wird von Seiten der Halter ein respektvoller Umgang mit dem toten Körper.

2. Identifikation durch Equidenpass

Die Identifikation erfolgt durch die Vorlage des für alle Pferde obligatorischen Equidenpasses. Darin ist bereits die Festlegung für Nutztier - Begleittier eingetragen. Er wird regelmäßig zur Verbrennungsanlage mitgenommen, um dort ein Zertifikat für die Abmeldung bei Behörden und Tierseuchenkasse und ggf. Tierversicherung ausfertigen zu lassen.

3. Der Betrieb

Sind tierseuchenrechtliche Maßnahmen über den Betrieb verhängt, so ist jeglicher Transport ohne behördliche Genehmigung untersagt. Hinweis zur Seuchenlage: anzeigepflichtige Krankheiten von Pferden sind in Deutschland sehr selten und werden meist bei Routineuntersuchungen festgestellt.

4. Das Handelspapier

Das Handelspapier gemäß Anhang VIII Kapitel III (VO EU 142/2011) begleitet das Pferd von der Abholung bis zur Übergabe der Asche beim Krematorium. Ausgestellt wird es vom Transporteur in mindestens dreifacher Ausfertigung. Das Original liegt dem Transport vom Abholungsort bis zum Bestimmungsort bei. Eine Kopie bleibt beim Erzeuger sprich Pferdebesitzer und eine weitere beim Empfänger sprich Krematorium. Detailliert müssen aufgeführt werden:

Die Mindestaufbewahrungsfrist ist auf zwei Jahre bestimmt

4. Das Krematorium

Im Krematorium wird im Eingangsbuch der Eingang des Tieres genau mit Datum und Uhrzeit festgehalten. Das Handelspapier nach Nr. 4 wird veraktet.

5. Das Verbrennungsbuch

Die Verbrennung wird unter Angabe von Pferd, Datum und Uhrzeit im Verbrennungsbuch erfasst.

6. Die Einzelgenehmigung

Die Einzelgenehmigung erfasst die individuellen Angaben zum Pferd mit Herkunftsort, Datum der Abholung, den Transporteur und die zur Kremierung bestimmte zugelassene Verbrennungsanlage. Als Begründung für diese Maßnahme wurden offiziell tierseuchenrechtliche Gründe angeführt. Dabei wurde insbesondere auf anzeigepflichtige, inapparent verlaufende Infektionskrankheiten verwiesen. Dazu ist anzumerken, dass infektiöse Krankheiten ohne erkennbareAnzeichen von keiner Person festgestellt werden kann. Hinzu kommt, dass diese Bescheinigung im akuten Fall vom Amtstierarzt zu erstellen ist. Dies bedeutet meist bei Nacht, Sonn- und Feiertagen eine aus tierseuchenrelevanter Sicht fragwürdige Verzögerung der dringlichen Entsorgung. Es sind keine Angaben von tierseuchenrechtlicher Bedeutung zu erkennen, die über die Eintragungen im Handelspapier hinaus gehen.

Der einzig mögliche Sinn der Genehmigung für den Einzelfall ist die Zwangsentsorgung über die Tierkörperbeseitigung. Diese ist begründet in der deutschen Organisation der Entsorgung im Rahmen von Einzugsbereichen, insbesondere durch Übertragung der Entsorgungspflicht auf kommunale Verbände bzw. Beleihung von privaten Entsorgungsbetrieben, den Tierkörperbeseitigungsanlagen. Diese sind einerseits verpflichtet zur Entsorgung, andererseits besteht auch ein Recht auf Entsorgung.

Dies ist von tierseuchenrechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. So müssen diese Einrichtungen für den Seuchenvorfall entsprechende Vorkehrungen treffen, indem sie dafür zusätzliche Kapazitäten vorhalten. Dadurch sind sie im Normalfall nicht ausgelastet. Wird ein Pferd aus dieser Pflicht entnommen, entsteht der Entsorgungsanstalt ein Verlust. Um diesen in Grenzen zu halten, wird eine Erschwernis in Form einer besonderen Einzelerlaubnis eingerichtet.

Die Erlaubnis zur Verbrennung ist m. E. folglich nur als Herausnahme aus dem Recht zur Beseitigung zu sehen und ist nicht als eigentliche Schutzmaßnahme im Falle einer Tierseuche zu werten. Der Sachverhalt lag bei den Heimtieren ähnlich. Dort war zunächst ebenfalls den Behörden eine regional beschränkte Befreiung von der allgemeinen Entsorgungspflicht (Einzugsbereich) abzuringen. Heute gilt eine grundsätzliche Befreiung.

Die Lösung war relativ einfach, da keine unterschiedliche Nutzung der Tiere zu beachten war. Heimtiere sind Begleittiere des Menschen. Ihre Nutzung liegt in der Beziehung zum Menschen.

Anders liegen die Verhältnisse bei den Equiden. Sie können gehalten werden zu landwirtschaftlichen Nutzung, zur Fleischgewinnung oder als reines Begleittier. Das Problem ließe sich aber mittels des Equidenpasses lösen. Denn dort muss die vom Menschen gewollte Nutzung eingetragen werden. Steht darin die Begleitung als Nutzung, sollte dies als Dokumentation ausreichen, um daraus die generelle Freigabe vom allgemeinen Entsorgungszwang zu begründen.

7. Der Transport

Der Transport von Pferden erfolgt durch eigens zugelassene Unternehmen. Er hat zu erfolgen mit auslaufsicheren Transportmitteln, die jeweils nach der Benutzung im Tierkrematorium gereinigt und desinfiziert werden müssen. Jede Desinfektion wird in ein Buch eingetragen, das im Fahrzeug mitgeführt wird. Es ist mindestens zwei Jahre aufzubewahren und bei Kontrollen vorzulegen. Während in diesem Fall i.d. R. nur ein einzelnes Tier transportiert wird, werden aus wirtschaftlichen Gründen von den Tierkörperbeseitigungsanstalten meist mit 12 t LKW viele Tiere verschiedener Arten gemeinsam transportiert. Bezüglich der inapparenten (!) Seuchen sind die Transporteure genau sowenig in der Lage, diese zu erkennen wie alle anderen mit den Tieren befassten Personen gleich ob Laie, Pferdewirt, Tierarzt oder Amtstierarzt. Für das Personal sind spezielle Schutzkleidung und Verhaltensregeln wie Reinigung und Desinfektion vorgeschrieben.

8. Die Seuchenlage

Die allgemeine Seuchenlage bezüglich der Pferde gibt schon seit längerer Zeit keinen Anlass zu besonderen Maßnahmen. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass betriebsbedingte Unterschiede der Entsorgungsbetriebe irgendwelche Vorteile beim Erkennen anzeigepflichtiger Krankheiten aufzuweisen hätten. Meist handelt es sich um deren zufällige Feststellung bei Routineuntersuchungen. Wägt man alle Kriterien gegeneinander ab, so ist aus tierhygienischer Sicht inkl. Seuchen das Verfahren der Tierkrematorien gegenüber dem der Tierkörperbeseitigungsbetriebe als zumindest gleichwertig einzustufen. Darin eingeschlossen sind die Dokumentation und Überwachung.

Tierisches Nebenprodukte Beseitigungsgesetz (§ 4 Ausnahmen)

(1) § 3 Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt nicht für Heimtiere im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, soweit diese in einer Verbrennungsanlage, die die Voraussetzungen des Artikels 6 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 erfüllt, verbrannt werden. Bis zur Abholung oder Ablieferung zur Verbrennung sind die Heimtiere geschützt vor Witterungseinflüssen so aufzubewahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen können.

(2) Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von § 3 Absatz 1 Satz 1 bis 3 genehmigen für Equiden im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, soweit diese in einer Verbrennungsanlage, die die Voraussetzungen des Artikels 6 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 erfüllt, verbrannt werden. Werden Equiden nicht unverzüglich zur Verbrennung abgeholt, sind sie in einem Zwischenbehandlungsbetrieb für Material der Kategorie 1 oder 2, in der tierärztlichen Praxis oder in der tierärztlichen Bildungsstätte so aufzubewahren, dass sie vor Witterungseinflüssen geschützt sind sowie Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen können.

3.VO 1069/2009

6 „Nutztier“:
a) ein Tier, das vom Menschen gehalten, gemästet oder gezüchtet und zur Gewinnung von Lebensmitteln, Wolle, Pelz, Federn, Fellen und Häuten oder sonstigen von Tieren gewonnenen Erzeugnissen oder zu sonstigen landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird
b) Equiden;

7. Wildtiere...[…....]

8. „Heimtier“: ein Tier einer Art, die normalerweise von Menschen zu anderen als zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken gefüttert und gehalten, jedoch nicht verzehrt wird;

Kommentare

Warum Pferde lt. EU immer noch und pauschal als Nutztier gelten, obwohl Equiden in den einzelnen EU-Staaten einen ganz unterschiedlichen Stellenwert haben bzw unterschiedlich genutzt werden, konnte oder wollte trotz intensiver Nachfrage auf EU-Ebene niemand explizit beantworten. Hintergrund dürfte sein, dass das Pferd in der EU immer noch pauschal als lebensmittellieferndes Tier abgestempelt wird Equidenpass: Trotz Eintrag als Nicht-Schlachtpferd bleibt das Pferd gesetzlich entgegen aller Logik auch weiterhin ein Nutztier. Begründung: Weil sich der Eintrag Nicht-Schlachtpferd nur auf das Arzneimittelrecht bezieht

Quellen

Zahlreiche Korrespondenz schriftlich und mündlich mit dem BMEL,MdBs, Rechtsanwälten und Tierbestattern.